Der Altai und die angrenzenden Bergrücken der benachbarten Gebirge zählen zu den großen Lagerstättengebieten Zentralasiens. Sie befinden sich im Grenzraum von Kasachstan, Russland (Sibirien), der Mongolei und China. Das Gebiet ist bis heute kulturelle Kontaktzone zwischen Ostasien und Europa. Verschiedene Wirtschaftsfaktoren, die beispielsweise aus der Gewinnung metallischer Rohstoffe oder der Transhumanz der Waldsteppennomaden resultieren, bestimmten die kulturelle Entwicklung und Dynamik des Raumes nachhaltig. Während der schneereichen Winter hielten sich die Nomaden bevorzugt in den Gebirgstälern des Altai auf. Die Gewinnung von Rohstoffen erfolgte auch noch in historischer Zeit saisonal (im sog. Tschudenbergbau) und dürfte zu überregionalen Tauschhandelsnetzen geführt haben. Kulturgruppen aus Sibirien und Mittelasien haben die Lagerstätten des Altai erschlossen.
Durch unsere Forschungen im Gebirgsstock des Kalba-Narym-Gebirge gewannen wir weitreichende Erkenntnisse zum Zinnabbau und dessen Organisation während des 2. Jahrtausends v. Chr.: Das Gebiet des Delgebetej war offensichtlich ein häufig aufgesuchter Siedlungs- und Wirtschaftsraum, in dem man kleinere Gräberfelder und vielleicht auch Siedlungen anlegte. Unmittelbar vor den Zinngruben von Askaraly II stießen wir auf mehrere Gräber, die Rillenschlägel – möglicherweise als Beigaben bzw. Devotionalien – enthielten. Es handelt sich somit um die ersten und ältesten Bergmannsgräber Zentralasiens.
Eine zugehörige Siedlung schließt südwestlich dieses Gräberfeldes an: Zinnerz, metallurgische Reste Gerätschaften und Keramik lassen an einer Zusammengehörigkeit zum Bergbau und auch zum Gräberfeld nicht zweifeln. Ein rechteckiges Steingebäude, ein sogenanntes Halbgrubenhaus (poluzemljanka) könnte auf eine eher sesshaftere Lebensweise hinweisen, obwohl man allgemein eher von einer semi-nomadischen Wirtschaftsweise der Andronovo-Gruppen ausgeht.
Anhand von Abbauspuren im harten Umgebungsgestein gewannen wir sehr gute Ergebnisse zur bergmännischen Primärgewinnung: Offensichtlich kamen zwei Abbautechniken zum Einsatz. Die Bergleute setzten Steinschlägel ein und wendeten für manche Abbaubereiche (Askaraly II) das Feuersetzen an, für andere Abbaubereiche (Askaraly I) jedoch nicht. Auch verweisen zwei Typen von Abraumhalden auf verschiedene Phasen oder Technologien. Feuersetzen war vielleicht nur dort möglich, wo ausreichend Holzressourcen zur Verfügung standen. Dies könnte auch die Ursache für die Anlage von Hüttenplätzen am Flusslauf der Schulbinka nördlich des Irtysch sein, dessen Ufer Auenwälder flankierten. Ob ein Zusammenhang, eventuell auch ein Wirtschaftskreislauf im Sinne einer Transhumanz bestand, bedarf weiterer Klärung durch Grabungen und naturwissenschaftliche Untersuchungen.
Interessant ist weiterhin, dass einige sowohl mesopotamische Bronzen als auch frühe Zinnbronzen aus Troja aus geologisch alten Lagerstätten zu stammen scheinen. Ähnlich alte Isotopenmuster haben wir auch in ostkasachischen Metallfunden entdeckt; vielleicht stammt das verwendete Metall (Kupfer, Zinn) aus der Region. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass diese Lagerstätten in einen weit nach Westen gehenden Fernhandel eingebunden waren. Insofern lässt sich auch von dieser Seite die Bedeutung erahnen, die vor allem die geologisch alten, kambrischen und präkambrischen Gebirgszüge Kasachstans einzunehmen scheinen. Es bleiben aber noch viele Fragen zum Rohstoffhandel ungeklärt.
Abgeschlossene Dissertationen
Anton Gontscharov
Metall der bronzezeitlichen Kulturen aus Zentral- und Ostkasachstan
Hande Özyarkent
Economy and Mobility-pattern of Bronze Age Andronovo-culture in Central- and East-Kazakhstan
Project informations
Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Forschungsbereich Montanarchäologie
2003 – 2008
Abschlusspublikation für 2014 geplant
Institut der Archäologie zum Andenken an A. Margulan der Akademie der Wissenschaften der Republik Kasachstan /Z. Samaschev, S. Berdenov, V. Merz
- Berdenov, S.; Samaschev, Z.; Cierny J.; Stöllner T.; Ermolaeva, A.; Kusch, G.; Берденов, С.; Самашев, З.; Штольнер, Т.; Черны, Я.; Ермолаева, А.; Куш, Г. (2004): Древнее горное дело и металлургия Восточного Казахстана. In: М. Н. Сдыков (Ред.), Вопросы истории и археологии Западного Казахстана (Уральск 2004), 154-170.
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